Ein Fluss in der Region: Der Aalbek
Text: Eckhard Hübner | Fotos: Erik Schlicksbier
Ja, man sollte tatsächlich der Aalbek sagen und nicht, wie immer einmal wieder zu hören ist, die Aalbek – auch wenn niederdeutsche Wörterbücher beide Formen zulassen. Der zweite Teil des Namens, -bek, stammt aus dem Niederdeutschen und bedeutet -bach. Es sollten doch die hochdeutsche und die niederdeutsche Form das gleiche Genus besitzen, also der Aalbach, der Aalbek.
Der zweite, vorangestellte Bestandteil der Gewässerbezeichnung, Aal-, ist auf den Fisch gleichen Namens zurückzuführen. Es handelt sich bei unserem Aalbek also um einen Bach, in dem einst Aale zu finden waren. Dies ist heute kaum noch vorstellbar, dürfte aber trotzdem den Tatsachen entsprochen haben. Dafür lassen sich zwei ganz unterschiedliche Belege heranziehen: Der erste Chronist unseres Ortes, der damalige Lehrer Walter Barthel, meinte, Zweifel ausräumen zu können, indem er sich auf Aussagen seiner Schulkinder berief, die ihm das Vorhandensein von Aalen bestätigt hätten (S. 67 der Chronik). Dieser Nachweis beruhte einzig auf Hörensagen, ist also mit Vorsicht zu genießen. Weitaus bedeutsamer ist ein Dokument aus dem Jahre 1765, das der zweite Chronist unseres Dorfes, Hartmut Hildebrandt, im Landesarchiv Schleswig-Holstein entdeckt hat. Darin wird von einem Aalwehr in dem Verbindungsgraben zwischen dem Molfsee und dem Rammsee berichtet (S. 372 der Chronik).

Der Aalbek auf Höhe des Mielkendorfer Bauernwaldes
Was aber hat unser Aalbek mit einer Wasserrinne in der benachbarten Gemeinde Molfsee zu tun? Zur Beantwortung dieser Frage ist eine etwas intensivere Beschäftigung mit dem Verlauf des Aalbek vonnöten. Viele Mielkendorfer werden den Abschnitt des Flüsschens kennen, der sich, aus dem Bauernwald kommend, durch die Ortsmitte schlängelt, eine kurze Teilstrecke verrohrt unter der Dorfstraße hindurchfließt, um dann – wieder sichtbar und in seinem natürlichen Bett – nahe des Gutes Blockshagen in die Eider zu münden. Längere Zeit war der gesamte letzte Abschnitt des Aalbek verrohrt gewesen (seit 1970), aber glücklicherweise darf man sich jetzt (seit dem Jahre 2002) wieder seines Anblicks erfreuen.
Vermutlich sehr viel weniger Bewohner Mielkendorfs werden wissen, dass sich der Aalbek aus zwei Zuflüssen speist, die erst im Bauernwald zusammengeführt werden. Der eine kommt aus dem Südosten, wo der Rammsee zunächst (noch heute sichtbar) in den Molfsee entwässert und wo sich 1765 besagtes Aalwehr befunden hat. Nach seinem Austritt aus dem Molfsee schlängelt sich dieser Arm des Aalbek, heute streckenweise kanalisiert und verrohrt, durch das Mielkendorfer Gehege, unterquert die Autobahn 215 und fließt dann Richtung Westen in den Bauernwald. Dieser – damals noch vollständig offene – Verlauf ist sehr anschaulich zu betrachten in einem der ersten recht exakten Kartenwerke für das Herzogtum Holstein, der Varendorfschen Karte aus den Jahren 1789-1796. Eine Benennung dieses Flussteils ist auf der Karte allerdings nicht erfolgt, obwohl durchaus Bezeichnungen für diesen Abschnitt existieren. Nach Hildebrandt tragen beide Zuflüsse des Aalbek auch diesen Namen (S. 371). Barthel hingegen wartet mit zwei anderen Benennungen auf: Aubek und Mielkendorfer Au (S. 67). Und die erst jüngst (2016) vom Landesamt für Vermessung und Geoinformation publizierte Topographische Karte (Blatt 1726, Flintbek) bietet noch eine vierte Variante: Aalbekgraben. Vollends verwirrend wird es, wenn man in einer Beschreibung des Amtes Bordesholm aus dem Jahre 1842 liest, das die Mielkendorfer Aue (und nicht der Aalbek) in die Eider mündet. Gründe und Anlässe für diese unterschiedlichen Bezeichnungen haben sich leider nicht feststellen lassen.
Der andere, etwa gleich lange Zufluss des Aalbek hat seinen Ursprung im Rumohrer Gehege (nicht, wie Bartels schreibt (S. 67) bei den Annenhofkaten). Er nähert sich unserem Dorf also aus dem Südwesten, unterquert die Kreisstraße 32, schlängelt sich – ebenfalls teilweise kanalisiert und verrohrt – westlich von Rodenbek hinüber zum Lehmteich, um sich dann im Bauernwald mit dem „Molfseer“ Zufluss zu vereinen. Der „Rumohrer“ Zulauf ist in der erwähnten Varendorfschen Karte überhaupt nicht verzeichnet.

Reste der ehemaligen Staustufe für den Karpfenteich in Mielkendorf
Der Aalbek besaß seit dem ausgehenden Mittelalter keine besondere Bedeutung für das Leben in Mielkendorf. Dies mag in den drei Jahrhunderten nach der ersten Erwähnung des Ortes (1238) anders gewesen sein. Spuren und Indizien deuten darauf hin, dass sich im Spätmittelalter eine Mühle, vielleicht sogar deren zwei, an diesem Flüsschen befunden haben könnten. Während Barthel, der erste Dorfchronist, es noch für ausgeschlossen hielt, dass es in Mielkendorf eine Mühle gegeben habe (S. 78), wartet sein Chroniknachfolger Hildebrandt mit schlüssigen Argumenten auf, die auf die Existenz einer kleinen mittelalterlichen Wassermühle am Aalbek hinweisen. Dazu zählen vor allem zwei Flurnamen aus einem Verzeichnis von 1765, die das Vorhandensein einer Mühle wahrscheinlich machen: Mühlenkrog bzw. Mehlenkrog und Achterdiekswiese. Sie sind vereinfacht zu übersetzen mit: Gebiet, auf dem sich eine Mühle befindet und Wiese hinter der Mühle. Beide Flurstücke befinden sich am Aalbek, zwischen den heutigen Straßen Am Schulberg und Am Hagen. Die dortige Topographie mit dem steil abfallenden Gelände und der sich anschließenden Ebene, die als Staubecken gedient haben könnte, lässt eine Mühlenanlage vorstellbar erscheinen. Zudem hat es im Obereidergebiet, so die weitere Argumentation Hildebrandts, eine Reihe von Mühlenwüstungen, also aufgegebenen oder niedergelegten Mühlen, gegeben, die darauf hinweisen, dass der aus der Frühen Neuzeit bekannte Mühlenzwang im Mittelalter noch nicht existierte. Am Beginn des 16. Jahrhunderts war die Mielkendorfer Mühle mit Sicherheit bereits verschwunden, denn in einer Besitzbestätigung aus dem Jahre 1502 für das Kloster Bordesholm, zu dem unser Ort damals gehörte, werden nur je eine Wassermühle in Voorde und in Schmalstede aufgeführt.

Reste in der Staustufe
Flüsse und Bäche haben in früheren Jahrhunderten häufig trennend gewirkt (sie versperrten den Weg) oder sie erwiesen sich als Bedrohung (wenn sie über ihre Ufer traten und Überschwemmungen auslösten). Auch der Aalbek war nicht immer ein so nettes Flüsschen wie heute. Wiederholt hatte er Anfang des 20. Jahrhunderts vor seiner Einmündung in die Eider die angrenzenden Flächen überflutet und die Eider selbst versandet. 1932 wurde der Mündungsbereich des Aalbek, der sich bis zu dieser Zeit östlich der Eiderbrücke befunden hatte, deshalb Richtung Westen verlegt, wo er seinen heutigen Standort erhielt.
Hinweise: Bei den genannten Chroniken handelt es sich um W. Barthel, Chronik von Mielkendorf, Plön 1971, und H. Hildebrandt, Mielkendorf. Geschichte einer Kieler Stadtrandgemeinde, Mielkendorf 1995. Außerdem: G. Hanssen, Das Amt Bordesholm im Herzogthume Holstein, Kiel 1942, und Die Mielkendorfer Schulchronik, hrsg. v. E. u. U. Hübner, Mielkendorf 2016.